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Die Friedhofsbahn als ursprünglicher Bahnanschluss für Stahnsdorf

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Die Stahnsdorfer Friedhofsbahn diente von 1913 bis 1961 als verkehrliche Erschließung zwischen dem Bahnhof Wannsee und dem Südwestkirchhof. Transportiert wurden mit ihr tatsächlich nicht nur Fahrgäste, sondern auch Leichen. Sie wurde im Auftrag der Berliner Stadtsynode errichtet und am 2. Juni 1913 eingeweiht.

Die Ingenieurbauten wurden von dem damaligen Regierungsbaumeister Bruno Schulz aus Berlin-Halensee geplant, für die Hochbauten zeichnete der Königliche Baurat Werner verantwortlich. Ausführender Generalunternehmer war die Orenstein und Koppel AG, die vor allem als Eisenbahn- und Lokomotivfabrik bekannt wurde. Für die 4,2 Kilometer lange Bahnstrecke wurden 1.900.000 Mark aufgewendet.

Die Bahnstrecke ersetzte den Transport der Leichen und der Trauergäste mit Automobilen vom Bahnhof Wannsee über Dreilinden nach Stahnsdorf. Sie wurde alltäglich mit zehn und am Sonntag mit zwölf Vorortzügen zum reinen Personentransport bedient. Der Transport der Leichen erfolgte separat in regulären Güterzügen von Berlin-Halensee nach Wannsee und von dort aus weiter nach Stahnsdorf. Eine später entwickelte Planung, der zufolge die Strecke nach Lichterfelde-Ost hätte erweitert werden sollen, wurde nicht realisiert.

Elf Über- oder Unterführungen befanden sich auf der rund 4,2 Kilometer langen Strecke

Die Trasse kreuzte die Bahnverbindung nach Seddin sowie den Kurfürsten- und Gestellweg mit einer Überführung. Sie unterquerte den Königsweg, später auch die Reichsautobahn, die Stammbahn und den Teerofendamm. Südlich des Haltepunkts Dreilinden unterquerte sie den Stolper Weg, bevor sie mit einer Brücke den Teltowkanal überspannte und über den Uferweg geführt wurde. Vor dem Bahnhof Stahnsdorf lagen mit dem Teerofenweg und der Alten Potsdamer Landstraße zwei weitere Unterquerungen.

Die Stahnsdorfer Friedhofsbahn steht im Zusammenhang mit der Entstehung des Südwestfriedhofs in Stahnsdorf. Dieser war im 19. Jahrhundert als Zentralfriedhof konzipiert worden, um die innerhalb Berlins gelegenen Begräbnisstätten zu entlasten. Die Berliner Stadtsynode und die Parochialverbände der größeren Orte wurden 1895 per Gesetz zur ausreichenden Ausstattung Berlins mit Begräbnisplätzen verpflichtet.

Nach längeren Diskussionen über einen oder mehrere Standorte kaufte die Synode im Jahr 1902 der "Stahnsdorfer Terrain AG am Teltowkanal" eine Fläche von gut 156 Hektar zum Preis von 1.044.000 Mark ab. Die Anlage des Friedhofes war dabei von vornherein auf eine Bahnanbindung konzipiert. Noch im Jahr des Grundstückserwerbs trat die Synode an die Eisenbahnverwaltung heran, um das Areal an die Staatsbahn über die Station Wannsee anzuschließen. Die Staatsbahn übernahm dabei den Betrieb auf eigene Kosten, wohingegen die Synode die Kosten für Grunderwerb und Baukosten trug.

In den nachfolgenden Jahrzehnten kam es zu unterschiedlichen Planungen, so gab es Überlegungen, in Dreilinden einen Friedhof der Jüdischen Gemeinde zu errichten oder die Bahn zu verlängern. Doch mit Ausnahme der Elektrifizierung im Jahr 1928 sind keine größeren baulichen Veränderungen überliefert. Der zweigleisige Ausbau, der in den 1940er Jahren im Rahmen der Germania-Planungen für die gesamte Strecke geplant war und der sich zumindest bei der Brücke am Teerofendamm durch einen Ersatzneubau zeigt, unterblieb.

Erste Zäsur während des Zweiten Weltkriegs und endgültige Trennung vom Netz im Zuge des Mauerbaus

Infolge von Kriegsschäden wurde der Verkehr der Stahnsdorfer Friedhofsbahn vorübergehend eingestellt und erst im Jahr 1948 wieder aufgenommen. Da die Strecke nun über die Grenzen des Amerikanischen Sektors und der Sowjetischen Besatzungszone verlief, wurde es ab dem Jahr 1952 für die West-Berliner Bevölkerung aufgrund von Kontrollen und der Notwendigkeit eines Passierscheins fast unmöglich zum Südwestfriedhof zu gelangen. Am 19. Januar 1953 wurde der Bahnbetrieb gänzlich eingestellt. Die Evangelischen Kirchengemeinden konnten jedoch eine Wiederinbetriebnahme gut anderthalb Jahre später im September 1954 erwirken.

Mit dem Bau der Berliner Mauer wurde die Stahnsdorfer Friedhofsbahn schließlich in der Nacht auf den 13. August 1961 endgültig eingestellt. Zudem wurde das Streckengleis 300 Meter nördlich von Dreilinden unterbrochen. Nach der Wiedervereinigung gab es zwar Stimmen der Kirche, die sich für eine Reaktivierung der Bahn stark machte, doch hierzu kam es nie. Die Friedhofsbahn liegt seitdem brach, Gleise wurden größtenteils demontiert, die ungenutzten Bahnhöfe wurden zurückgebaut. Reste erkennt man vor allem noch an der Endhaltestelle am Friedhof Stahnsdorf.

Die Stahnsdorfer Friedhofsbahn ist mit ihren baulichen Überresten der Trasse, der Brückenwiderlager am Teltowkanal und der Brücken auf Stahnsdorfer Seite dennoch ein beeindruckendes Zeugnis dieser besonderen Berlin-Brandenburger Eisenbahn- und Stadtgeschichte. Ihre Lage an der ehemaligen innerdeutschen Grenze macht sie zusätzlich zu einem Erinnerungsort der deutschen Teilung. Die vorhandenen baulichen Spuren der Stahnsdorfer Friedhofsbahn stehen unter Denkmalschutz.

Text: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum / Fotos: Stahnsdorfer Heimatverein e. V. (3 x), Gemeinde Stahnsdorf (2 x)

Literaturtipp

"Friedhofsbahn Wannsee-Stahnsdorf" von Peter Bley; erschienen im Juli 2022 beim VBN Verlag Bernd Niedermeyer, gebundene Fassung, ISBN-13: 978-3941712867

Erinnerungsstele an die Friedhofsbahn an der Alten Potsdamer Landstraße

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